Gutachten im Maßregelvollzug
So genannte psychiatrische oder psychologische Gutachten werden zu Beginn, während und vor dem Ende der Unterbringung im Maßregelvollzug angefertigt. Auftraggeber sind Gerichte, Staatsanwaltschaften und forensisch-psychiatrische Kliniken.
Das deutsche Recht sieht vor, dass nur bestraft werden darf, wer sich schuldig gemacht hat und wusste, dass er mit seinem Handeln ein Unrecht begeht. Es gibt jedoch Menschen, die zum Zeitpunkt ihrer Straftat nicht oder vermindert schuldfähig waren – etwa durch eine psychische Erkrankung, eine Suchterkrankung oder aufgrund mangelnder Intelligenz. Dieses wird mithilfe eines so genannten Schuldfähigkeitsgutachtens festgestellt.
Im Wesentlichen geht es dabei um die Feststellung, ob der Täter aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer Suchtkrankheit vermindert oder gar nicht schuldfähig ist und ob er aufgrund seiner Krankheit eine Gefährdung für die Allgemeinheit darstellt. Um zu einem fundierten Urteil zu kommen, lassen die Gerichte den Täter von Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychologischen Psychotherapeuten untersuchen und holen deren fachgerechte Beurteilung ein.
Das Maßregelvollzugsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (Paragraf 16 Absatz 3) und die Strafprozessordnung (Paragraf 463 Absatz 4) geben eine regelmäßige Begutachtung von forensischen Patienten vor. Alle drei bzw. fünf Jahre muss überprüft werden, ob der Patient entlassen werden kann. Hierbei handelt es sich um ein so genanntes Prognosegutachten. Dieses wird von ärztlichen oder nichtärztlichen Sachverständigen erstellt, die nicht in der Einrichtung arbeiten, in der der Patient untergebracht ist.
Ehe die Unterbringung im Maßregelvollzug beendet wird, muss überprüft werden, ob außerhalb des Maßregelvollzugs vom Patienten noch rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Die prognostische Einschätzung der Gefährlichkeit ist die sogenannte Legalprognose. Ist diese positiv bewertet, kann er entlassen werden.
Gutachterzertifizierung durch Berufsverbände
Seit Anfang der 1990er Jahre sind die Ansprüche an die Gutachtenqualität stark gestiegen. Deutlich verbesserte Weiterbildungsmöglichkeiten wurden geschaffen unter anderem an Universitäten, an den forensischen Kliniken selbst und nicht zuletzt durch das LWL-Gutachteninstitut am forensischen LWL-Zentrum in Lippstadt-Eickelborn.
Sowohl Psychiater als auch Psychologen können seit einigen Jahren bei ihren jeweiligen Berufsverbänden eine Zertifizierung ihrer Gutachterqualifikation erlangen. Dazu müssen die theoretischen Kenntnisse als auch die praktischen Erfahrungen nach vorgegebenen Standards nachgewiesen werden. Darüber hinaus hat der Deutsche Ärztetag einen fachärztlichen Schwerpunkt "Forensische Psychiatrie" eingeführt. Damit wird auch für forensisch-psychiatrische Einweisungsgutachten ein Qualitätsstandard vorgegeben.
Gutachten als Entscheidungshilfe
Instrumente zur fachgerechten Beurteilung der Erkrankung
Externe Stellungnahme im Prognosegutachten
Während der Unterbringung verlangen die Gerichte von den forensischen Kliniken in regelmäßigen, mindestens jährlichen Abständen eine gutachterliche Stellungnahme dazu, ob ein Patient weiterhin im Maßregelvollzug bleiben sollte.
Alle drei Jahre müssen die Kliniken außerdem ein so genanntes Prognosegutachten in Auftrag geben: Zusätzlich zu der internen Beurteilung muss eine externe Stellungnahme dazu eingeholt werden, ob die Unterbringung noch erforderlich ist. Im Mittelpunkt steht bei diesen Gutachten die Frage, ob weitere erhebliche Straftaten von dem Patienten aufgrund seines Zustandes zu erwarten sind. Der Blick von außen durch externe Gutachten wird bei Bedarf auch zu beabsichtigten Lockerungsentscheidungen oder spezifischen Behandlungsmaßnahmen eingeholt. Die LWL-Kliniken beauftragen hierfür fast ausnahmslos Gutachter, die vor den Ärzte- und Psychotherapeutenkammern ihre Erfahrung bei der forensischen Prognosefeststellung nachgewiesen haben.